Bairische Gedichte
Norbert Göttler
HERBSTWINDWISCHPARA
philosophische gedichte auf bairisch
1. draamhappert durch´n oidweibasummer
so a soitsamer dog
so a soitsamer dog
wisprige gschpinster ling wia
leindiacha üba de schofwoadn
schwarm voller rapp´n krachzen über d´foida
da reif broat se üban loam
und macht eam a leichngsicht
wia d´lettn heit so zaach an de schuah bappt
wia da raach heit so greißli am himme hengt
und in da weit´n vabluat se da dog
hoibscharig
mir is heit so hoibscharig ums herz
so absunderl, absunderli und hoibseidan
woher de liachtn drent übam roa?
woher des fiabrige gfui ums herz?
wo sans hi, de sommerdog, de hoaßn
vorbei de hitzn, des flirren auf de foida
g´rochen hots, ois daats a frischs häi regna
ois daats uns eiberg´n überdüber
und jetzt de erstn wintagschpensta?
so friah? so grausig? so pressant?
von da weitn scho is er zum hearn
da letzte aarnda, da soi – kennstn scho?
da laare danzbodn
suibrig wacheln d´schnauferer in da luft
woiknwampert wiar am dog noch aram fest
liadfetzn hengan in de zweig
lachara und vawoikte bleame
jetz is da tanzbodn laar
untam teppich aus modrige blaal
stirbt s´zirpen vo de gruin
d´koitn kriacht häher und häher
und an de wadl schnuffelt da dod
hintahoibfür
am liawan stand i jetz auf a´ra bruck´n
ma waar ned drenterhoib
ma waar ned herenterhoib
mia waar so – hoibscharig
am liawan waar i jetz a hanswurscht
mit oam aug kanntat i lacha
mim andern woana
unter meiner larva waar mia so – zwoaraloa
am liawan liegat i unter am apfebaam
ma waar ned in dera woid
ma waar ned in ara andern
mia waar so – draamhappert
am liawan steigat i rückwärts in´s jenseits
i waar nimma ganz harüm
und no ned ganz düm
mir waar so – hinterhoibfür
näwedog
s´rengt ned. s´schneipt ned.
koa wind, koa sonna, koa mucks.
nix wia nix und wieda nix
näwesuppnnix, nieselbieslnix
bloß d´bleame lassn köpf henga
und d´schmetterlingsfügel flacka in da friah
durchsichtig vor da hausdür,
kaum wert, dass ma´s wegkehrt
da blaue vogel
mia ziagt da newe durchs herz
mei gmiat ko nimma barfuaß geh
draamhappert schau i auf die langa schattn
de da oidweibasummer vor si herschiabt
a blaua vogel hot se auf meine schuitern g´hockt
seine krallen drucka se in mei haut
er putzt und plustert si wia´ra pfau
wann i´n vatreim wui, dann bäggt er mi ins ohr
s´johr dafoit
hintam näweschleier dafoits johr,
und jäda windstoß
reißt a drumm zeit vo de baam
in de spinnennetza hengan taudropfn
mit ihre perlen konnst an rosenkranz bettn
für de gstarradn eidechsl und impen
abg´ernt is´ und ei´gfahrn
s´johr geht auf d´letzt zua
schwaar, so schwaar stirbt de zeit
auf d´gant kumma
da summa is auf d´gant kumma
sei pracht hota ins pfandleihhaus trogn
strumpfsockat kimmt er daher,
dürrlochat, marod und malad
leidschei und doagig is a worn,
der oide hitzkopf
ob er sein bauernstoiz
wieda auslösn ko im nächstn frühjahr?
wintagschpensta im herbst
auf oamoi schnä auf da haut, grod war do no summa?
auf oamoi wintagschpensta, mitn im johr?
woher des eisige gfui, woher de doodnvegel auf de foida
und modrige blattl auf de weg?
jetz bloß no oans: a warms brod am stu´mtisch,
nussn und rot´n wein, der noch sunn schmeckt
und nach´m rauch vom sommer
s´hoiz kracha lassn im ofa
und d´nußschoin dazua,
langsam vadrucka si d´gschpensta
– vorläufig wenigsten
2. d´dog brocka wia reife drau´m
jetz no oamoi leb´n
d´dog brocka wia reife drau´m
erdig schmeckas und harb
nach lacha und nach woana
jetz no oamoi leb´n
d´muckn hupfa wia schampus-blaserl
d´weiberleit san schee wia d´birn
auf de lippn von de madln glänzt de letzte herbstson
jetz no oamoi leb´n
am winta zunga rausstrecka
d´koitn an nackerten arsch zoagn
s´johr auswindn wia a noss´handduach
jetzt no oamoi leb´n
herbstwind-dralla
musikanten, es lumpen, es verhaute!
schaut´s, dass´ts hera geht’s!
do hobt´s an kreuza, i lass mi´s ned rei´n
s´is da schwarz mo dahoam, heit ge´ma ned z´haus!
haut´s an bombardo mit gstarrade finga
blosts de klarinettn, ois daats um´s leb´n geh,
d´woid draht se im wuidn danz
s´is da schwarz mo dahoam, heit ge´ma ned z´haus!
i danz mit´m wind, spui fangstal mit de blaal
mir ist nach krawall, nach rammasure
ko boid sei, dass oana oane fangt, so a kravotta
s´is da schwarz mo dahoam, heit ge´ma ned z´haus!
danse macabre
oamoi im johr, homs gsagt
san sogar de dodn auf´m gotts´acker
aufgeleckt zum wuidn drahn
koa gavott ned, naa, poika und mazurka
muas her für den fidelen dodndanz
an dodgsuffane musikantn hot´s aa no nia gfeit
s´laab waahts eana durch d´rippn
da rotwein rieselt übers kiefa
und am drommla dabricht oa knochn nochm andern
aba grod schee is´a, der allersoin-rammasure
so mancher hot jetz mea freid ois zu leb´zeitn
und boid werd da bodn wieda lang gnua zuagfrorn sei
drachnfreiheit
davo mim Wind, auf und davo
naus, naus in d´ewigkeit
ganz damisch vor liacht und luft
ois schwaare bleibt druntn am bod´n
wia narrad ziagta, da dracha
reißt und naggelt an da schnur
fahrt hinum und herum,
schier zum z´reissn
i vasteh de guat, dracha,
aba schaug: lassat i di,
grod fetzn im baam bleibatn übri
vo deim kurzn rausch
3. d´wedahexn schpeim schnäschleim
da sturmhund
da sturmhund hot se von da kettn grissn
giftiger foam trenzt eam ums mäi
beißn duad er und draan sein wuidn tanz
boshaft wias raubsgsindel überfoit mi de nocht
pechschwarze trudn winseln ums haus
wedahexn schpeim schnäschleim und hagelkerner
scho bem erstn stäßera dabricht ma´s herz in scherm
blitzn duadas, ois daad d´nacht riss kriang
jemand schläidert foisbrocka durch d´luft
und reißt de letzte sommergluat von de baam
goigenvegl fliang auf und valiern eanane federn
wo de hifoin, stirbts gros ob und d´bleame
dann no a schnoiza und a boussara – und staad is
zwigschpensti und soitsam
da sturmhund hot an schwanz einzogn
giftig lauert er auf´s neie zeichen vo da wedahex
ois lebendige duckt se in seine vastecka
und bet´, dass fruah wern soi und hell
i roi und roi
überm talkessel sprengans woikntürm
d´wedergeister spuckan giftige blitz
da reg´n schwoabt mi s´steigl no
i roi und roi, kopfüberdüber
boid wer i blank wir a kieselstoa
im bochbett liegn
s´wassa bis zum hois
d´erdn draht se wir a derwisch
dad uns ned wos zruckziang
scho längst hät´s uns ausse ghaut aus´m karusell
s´wassa steht uns bis zum Hois
hoitat uns ned wos aufrecht
scho längst waar ma dasuffa
rindn statt haut
wintabaam stehnan im wind
oid, trutze und staad
jetz koa le´m in da diaffn
und da schwarz dodnvogl auf´m ast
daad blearrn und davofliang im newe
wintabaam stehnan im wind
oid, trutzte und staad
diaf wia brunna
greißli fluacht se da sturm davo
a rindn miassat ma hom
statt aara haut
wedakerzn
zünd´s de schwarz wedakerzn o
schwarz wia d´muattagottes z´Eding
s´wird eich blos nix hoifa
läu´ts gwittaglockn
gwampert und schwaar wia für d´ewigkeit
alloa – es nutzt eich nix
da sturm blost d´fanfarn,
da himme färbt se giftgoib
und de wedahexn lacha dreckig und gwoittatig
dann sprengas daher, de apokalyptischen reiter
kriag, tod, hunga und elend hoaßns
bist schaust, bist übarennt und dastessn
wo si warn, rinnt´s bluat aus de weiwasserkessel
hinter der fronleichnamsprozession ziangs a kanona her
mit den opferkirnz zündns asylantenheime o
die kavallerie der henker
da erste hot an schimme, weiß wia da dod,
da zwoate an bluatrot´n hengst
da dritte an rapp´n, schwarz wia die pest
und da vierte a dürre stutn, fahl und goib.
mit der offenbarung des johannes
hot ma bloß d´stodtleid daschrecka kenna
d´landleit homs soim hautnah kennt
de höllenreiter der jahrhunderte
vo den schwedn bis zu de franzosn,
vo de österreicha bis zur SS
hoch zu roß hot´s no nia a guad do
de kavallerie der henker
de fahn weiß, rot, schwarz und goib
a bravs, brauns bauernroß
is no nianed dabei gwe´n
bei de apokalyptischen reiter
4. An de Wadl schnuffelt der Doud
boahoausfliang
drent im oidn boahaus
sitzn fliang auf de schädel,
tausendmoi ausglutscht a jäda Fleg.
koa kerndl, koa trepflerl mehr z´finden,
bloß an schattn gebns no
de dunkla höhlen vo de augn,
und a guads vasteck
vo da weitn grod schwarze punkta
koan deit hirn und schmoiz
aba wia ängstli hengans an dem
wos de boana foit
am leb´n
über de graaba
aa über graaba glitzert da schnä
aa in den dreeglacha spiagelt se d´sunn
aa da koide mond wurlts meer auf
aa valorne soin suchan d´wärm
aa über de graaba glitzert da schnä
so a bresthafter dog
kinder datretns erste eis in de drecklacha
da summa hot üba nocht a glosschermgsicht kriagt
s´riacht nimma nach troad und stroh,
sondern nach koitn und dafeite epfe
s´johr geht in knia wir a o´gschossna rehbock
es is eam so miad, sterbadsmiad zumuat
d´vegel san aa auf und davo
wos in oller woid hoit mi no do?
5. drehwurmgfui
drehwurmgfui
und dann kimmst do no
mittn durchn scheenstn woiknvahau
und durch de draller aus ahornblaatl
wo´st an drehwurm kriagst, scho vom hi´schaung
wamperte woikn über uns
der erstn schneeflockan im gsicht,
eiberng sollns uns,über und düber
a schneehöhln bauma, mittn im hirbst
mitbringsel
brin nix mit ois a hand voi stundn,
an korb voller ohrn,
a lachads und a woanads aug
a bissl a liachtn vo draußn,
und den glanz vom letztn summa
auf deine lippn
des glangt
des is vui gnua
hollerlaub
lasst da an kranz windn mi´m letztn hollerlaub,
mit moos lass de ei´bergn und mi´m schilf,
kumm, laff´ma durch zugwaahte greppn,
sing´ma laut in da nocht, wia´d katzn und kautzn
drialerei
endlose alleen entlangeh
s´herbstlaub aufwirbeln
und unsere schnauferer
in a groß´n suibern woikn
vamischn…
vawunschn samma
in´a netz aus spinnaheid samma nei´gspunna
vawobn und vahext, vadruckt und vawunschn
boisd du di riahst, riah i mi an,
boi i mi riah, riahst du di aa
mit jäd´m fod´n, denn s´spinn spinnt
kumma uns näher, kopf an kopf, mund an mund
wia lang´ma no schnauffa kenna, kimmert uns ned
s´gift vo da spinn hot un´s längst vawunschn
6. dahoam im nirgendwo
oida, großa baam
oida, großa baam
host zu mir g´hert wia d´sunn in da friah
oida, großa baam
meine aung hom se ausg´rast
und gnua gseng an dir
da wind hätt´di umdo, songs
marod waarst gwen und innwendi dafeit, songs
triabsinni schaug i ins laare
fremd und fremder
fremd und fremder
werds mir ei´wendig
mit jedem lebensring wird´s weniger
des gfui vom dahoamsei – irgendwo
no steht i da
no steh i da
aba mei schattn
flackt schon am bod´n
gstreckterlengs
no frog i mi
aba mei zweife
fieselt scho an meim herzen
in oana tour
no hoit i ausschau
aba der Ander
naggelt scho an meine knia
friara oder spata
s´boarisch herz?
s´boarisch herz – es is z´brocha
irgendwo zwischen flossenbürg und dachau
daschlong vo de goidfasan in lederhosn
s´baoarisch herz – des klopft ned im gleichschritt
hob i mir dacht. pfeifadeckl!
ma ko aa zum defiliermarsch
d´leit in tod treib´n
koide woid
wia miahsam
jädn dog nei auf d´woid kumma
wund und nackert
wia miahsam
jädn dog nei an erstn schnauffara doa
oamoi und oiwei wieda
wia miahsam
jädn dog wieda
warme haut
nei in d´koide woid
brandln duats!
ob´s feia nach erdepfe riacht
oder nach biachaseitn
wer woaß?
ob s´feia kindahänd wärmt
oder am ketzer s´hirn ausbrennt
wer woaß?
ob´s feia a noss gwand trocknet
oder an asylantn sei hiawan zuaricht
wer woaß?
ob´s feia s´herbstlaub vabrennt
oder da hex ihre hoor
wer woaß?
d´hoberer
mia san mia, songs
und nenna uns uns
mia san mia, songs
und wiß ma, wos se ghert
gott schütze bayern
schreit an deifi sei lakai in lederhosn
und schmeißt der erste brandfackel
gott schütze bayern
schreit an deifi sei flitschn
und schmeißt de zwoate brandfackel
d´hoamat hot schon so manchn daschlogn!
7. suiberpapierl am himme
suiberpapierl am himme
kondenstreifn drom am himme
zogn wia mim lineal
bloß a poor augnblick machans wos her
de draamgspinnsta aus suiberpapierl
nix fia mi! spuren im loam
wui i hintalassn, uneb´n, und grad so tiaf,
dass d´spotzn drinn a wasser finden
no woch´n lang späta
aufbrecha
aufbrecha miaß ma,
aufbrecha ausm gwohntn
no bevors gscheid dog werd
jetz gibt’s koa hoitn nimma
aufbrecha miaß ma ins ungwisse
und seng mit neie augn
d´zeit rieselt davo
sovui gedanken san no ned denkt
wörter spanna
wörter spanna
zwischn de äst von de baam
a wörternetz
dass se unendlich fein
da wind drin fangt
und wispert
beim leisesten hauch
wörter spanna
zwischn de schnäflockn
dass d´kinda in da friah
an schnämo baun kenna
der redn ko